„Meine Kunst ist Harmonie“

Manuel Tschager, ein Bozener Bildhauer

Red.

Foto: Verkehrsamt der Stadt Bozen

Manuel Tschager: „Meine Kunst ist Harmonie“
 
Der Bildhauer, der sich unter den Bozner Laubengassen befindet, spricht über seine Kunst. „Sie kommt von Innen. Als Kind wollte ich das immer schon machen. Wenn heute ein Werk nicht in Harmonie ausstrahlt, betrachte ich es als nicht abgeschlossen.“
„Als ich als Kind gefragt wurde, wußte ich nie, welchen Beruf ich als Erwachsener ausüben wollte.“
 
Manuel Tschager ist Kunst und Energie.
 
Sein Labor unter den Bozner Laubengassen zu betreten, bedeutet, Leidenschaft noch vor der Kunst einzuatmen. Die kommerzielle Rendite ist zwar unerlässlich, aber das letzte Element einer Geschichte, die tief verwurzelt ist. Wie die, die er als Kind geschnitzt hat, um daraus Eier zu machen. „Ja, als Kind in der Schule mit 4-5 Jahren kam immer die gleiche Frage auf. Für mich war es eine nutzlose Frage, weil die Antwort offensichtlich war. Ich wollte schon immer Bildhauer werden und habe immer dafür gearbeitet. Ich war nicht sehr gut in der Schule, aber war mir bewußt, was ich machen wollte. Aus diesem Grund habe ich viele Jahre lang bei internationalen Masterstudiengängen und weiteres studiert. Deshalb bin ich heute, wo ich bin, und kann das tun, was ich immer geliebt habe.“
 
Eine Familie, die Sie dank ihrer Tradition immer unterstützt hat.
 
„Ich hatte Glück, denn ich hatte immer Liebe um mich herum und um das, was ich tat. Meine Familie beschloss, an mein Talent zu glauben, obwohl ich in der Schule keine besonders guten Leistungen erbrachte. Ich kann auch sagen, daß ich kein ganz einfaches Kind war und dennoch immer klare Vorstellungen hatte. Und sie haben mich immer unterstützt. Ich habe ihnen viel zu verdanken und wir haben auch heute noch eine wunderbare Beziehung und viel Liebe.“
 
Tolle Studien, viel Anwendung, aber wie wichtig ist die Technik in den Werken, die auch und vor allem Emotionen haben?
 
„Es ist wichtig zu wissen, wie man ein Auge oder eine Nase erzeugt, oder wie die Wellen und Kurven eines Stoffes im Vergleich zu einem anderen abfallen sollen; dies sind nicht nur Details. Dann beginnt natürlich der künstlerischere und kreativere Teil der Arbeit. Seit vielen Jahren bin ich mit Freude ein Performer. Ich nahm Bestellungen entgegen und erledigte, was sie von mir verlangten; sogar bei sehr renommierten Kunden wie z.B. den Vatikan. Jedoch hatte zu einem bestimmten Punkt das Gefühl, daß ich diese fast heilige Motivation in mir nicht mehr finden konnte. Dies war für mich der Wendepunkt. Ich beschloss, daß ich nur an meinen eigenen Werken arbeiten würde, ohne die Aufträge meiner Kunden zu folgen.“
 
Ist dir diese Entscheidung schwer gefallen?
 
„Nein, denn die Freude an der künstlerischen Umsetzung war schon immer da. Es ist auch nicht richtig zu sagen, daß ich mich dafür geopfert habe. Ich habe einfach verstanden, daß ich mich auf meine Produktion konzentrieren muß, um mich als Künstler weiterzuentwickeln zu können. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn ich eine Skulptur bis zum 14. September liefern mußte, wurde mir am 12. September klar, daß ich diese wahrscheinlich mit zwei weiteren Wochen Arbeit um 60-70% hätte verbessern können. Ich konnte es natürlich nicht tun, um die Fristen einzuhalten. Heute jedoch muß ich kein Datum einhalten…“
 
Was treibt dich an?
 
„Harmonie. Auf Deutsch „stimmig“. Es ist ein sehr wichtiges Wort und repräsentiert alles, was ich in einer Arbeit suche. In der Körperzusammensetzung, aber auch in der Wiedergabe der Stoffe, Kleidung, Gegenstände und der Emotionen, die ich in ihnen haben möchte. Meine Werke sind nur fertig, wenn diese harmonisch sind, egal ob Holz oder Bronze. Stimmig!“
 
Dann gibt es auch den Verkauf.
 
„Natürlich, aber es war nie das ultimative Ziel oder das Prinzip meiner Werke. Es ist das gleiche, als ob man Interviews nur wegen des Geldes schreibt. Sie wären nicht in der Lage, die Persönlichkeit, Emotionen oder das Leben des Sprechers darzustellen. Bei mir ist es das Gleiche. Als ich mich entschied, die Aufträge zu verlassen und meinen eigenen Weg zu gehen, war mir ganz klar bewußt, daß ich mich neu aufbauen mußte. Ein bisschen wie, wenn man ein Puzzle löst. Sie müssen mit dem Rahmen beginnen: man muß verstehen, was Sie mit welchen Worten kommunizieren möchten und was Sie in Ihrem Inneren fühlen. Ich habe das alles getan und die Öffentlichkeit hat es geschätzt; und schätzt es auch heute noch. Allerdings ging es mir nie um das, was ich verkaufen mochte, sondern um das, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Nicht einmal als Junge habe ich mich gefragt, ob man nur mit der Kunst leben kann. Wenn man seine Emotionen, sein Leben hineinbringt, dann kommt meiner Meinung nach alles von selbst. Während der Covid-Zeit habe ich mich zum Beispiel im Labor eingeschlossen und geschnitzt, geschnitzt und geschnitzt. Es ist immer dieser Funke aus meiner Kindheit. Diese Harmonie, die mir diese Frage nach der Zukunft unverständlich machte. Ich wollte einfach nur das machen, was ich heute noch mache.“
 
Allerletzte Frage.
 
„Bitte“
 
Wie sehr schmerzt es Ihnen, sich von einem Ihrer Werke zu trennen?
 
„Ich verkaufe meine Werke nie sofort, nachdem ich diese fertiggestellt habe. Ich behalte sie mehrere Tage und genieße ihre Harmonie. Ich bin es dem Werk schuldig.“